Der Vatertag ist zwar schon wieder ein paar Tage her und nachdem ich diesen zum ersten Mal selbst als stolzer, glücklicher und dankbarer Vater erleben durfte, ist mir dann (wieder) bewusst geworden, dass jeder Vater ja auch gleichzeitig Sohn ist. Über diese Tatsache bin ich mindestens genauso froh, stolz, glücklich und dankbar. Alle die mich kennen wissen, dass ich schon immer eine sehr spezielle Bindung zu meinem Vater hatte und nach wie vor habe. Jedoch nicht, wie viele jetzt vielleicht vermuten, eine schwierige, sondern ganz im Gegenteil, ein sehr positive und außergewöhnliche!

Als Scheidungskind ist es manchmal in vielerlei Hinsicht nicht ganz einfach, aber eben auch nicht selbstverständlich, dass man so eine tolle Kindheit hatte. Auch wenn ich mir eine intakte Familie sehr gewünscht hätte, im Nachhinein bin ich froh, dass alles so gekommen ist. Mir hat es an nichts gefehlt und, obwohl mein Vater damals nicht das Sorgerecht bekommen hat, so durfte ich ihn jederzeit sehen, wovon ich sehr häufig Gebrauch gemacht habe. Mein Vater, der mich liebevoll Sohnemann nannte, hat mich nie als Last gesehen, zumindest hat er mich das nie spüren lassen und mich IMMER mit Respekt behandelt. Ihm war und ist es sehr wichtig, dass ich glücklich bin und er hat mir immer offen gelassen zu machen was ich will, Hauptsache ich bin damit glücklich. Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht und diese auch oftmals intensiv genutzt, auch das ist nicht selbstverständlich. Für ihn war/ist es nicht immer ganz einfach gewesen, mich schon im Alter von sieben Jahren “zurückzulassen” und je älter/erwachsener ich werde, desto mehr weiß ich zu schätzen, wie sehr er sich dennoch, und mit den Mitteln die ihm zur Verfügung standen, um mich gekümmert hat. Ich hab’ mich stets geliebt gefühlt und er hat mir viel mit auf den Weg gegeben, auch wenn ihm das vielleicht nicht so bewusst ist, was ich heute aus voller Überzeugung lebe und hoffentlich auch an unsere Lütte weitergeben kann.

Die Rolle eines Vaters ist nicht immer einfach, wird oft unterschätzt und hat mit sehr vielen Vorurteilen zu kämpfen. Damit will ich jetzt gar keinen Vergleich zu Müttern anstreben, die zweifelsohne den tafferen und “undankbareren Job” haben, aber die Väter, gerade bei Scheidungskindern, bleiben dabei leider sehr oft auf der Strecke und sind die Buhmänner.

Ich habe das große Glück, einen Vater zu haben, der auch gegenüber seinem Sohnemann Gefühle zeigen konnte und das auch zugelassen hat. Natürlich nicht immer, größtenteils war er eher der stoische Fels in der Brandung, den nichts erschüttern kann, , mit Hang zur Strenge, aber manchmal, da hat er auch mir gegenüber Gefühle gezeigt. Das will ich an zwei kurzen Anekdoten zum Besten geben.

Das erste Beispiel, war eine Art Ritual, das wir immer wieder vollzogen haben, nachdem wir uns mittwochs zum Schwimmen im Hallenbad in Korntal-Münchingen getroffen haben, bevor es zur wohlvedienten Butterbrezel ging und er mich wieder nach Hause gefahren hat. Man kann das schon fast als spirituell bezeichnen, aber es hat mir extrem geholfen, zumal ich erst sehr spät Schwimmen gelernt habe, da müsste ich schon zehn oder elf gewesen sein. Was mich sehr große Überwindung gekostet hat, da in der Klasse die meisten es schon längst konnten. Aber ich weiß noch wie heute wie sehr ich mich gefreut habe, als ich dann ENDLICH mein Seepferdchen-Abzeichen in den Händen hielt bzw. es von meiner Badebuchse prangte. Um mir die Angst vor dem Wasser zu nehmen und mich zu beruhigen, haben sich mein Vater und ich uns ins Wasser gekniet, Wasser bis knapp über die Oberlippe, und dann ganz bewusst nur noch durch die Nase ein- und wieder ausgeatmet, minutenlang ging das. Das klingt vielleicht ungewöhnlich oder gar banal, aber für mich bedeutete das ein Einswerden mit dem Wasser, was mich extrem runterholte. Ich mache das heute teilweise noch und erinnere mich dann voller Freude und Glückseligkeit an diese vergangenen Tage zurück. Und das kann mir keiner mehr nehmen, egal was passiert, diese Gewissheit ist sehr schön.

Die zweite Geschichte, die ich hier auch noch kurz erwähnen möchte, hat sich nach einer Fahrradtour zugezogen. Papa und sein Sohnemann waren mit den Drahteseln unterwegs und auf einmal brach die Hölle über uns los,. Es war nicht mehr so weit, auch wenn es mir natürlich als Kind so vorkam, als wären wir in einem anderen Land unterwegs, doch der heftige Wind und der eiskalte Regen waren so heftig, dass wir es, trotz aller Mühen, nicht nach Hause schafften. Mir war kalt, wir waren beide klatschnass und die Tatsache, dass ich als Kind eher zur Fraktion der Weicheier gehörte, war auch nicht gerade förderlich. Ich versuchte zwar die Zähne zusammen zu beißen und gab mein Bestes, aber merkte meinem Vater an, dass er auch etwas ratlos war. Es gab weit und breit keinen Unterschlupf, der uns wenigstens kurzfristig ein Dach über dem Kopf hätte bieten können, also fuhren wir weiter gen Möglingen. Mein Vater motivierte mich unentweg, schob mich immer wieder von hinten an und versuchte mich damit zu beruhigen, dass in unmittelbarer Nähe, die mir in dem Moment wie eine Ewigkeit entfernt vorkam, eine rettende Unterführung sei. Diese erreichten wir dann auch irgendwann und mein Vater nahm meine eisigkalten Hände, krempelte seinen Pulli hoch und wärmte sie an seinem einigermaßen warmen Bauch. Dieses Gefühl von Wärme, Liebe und Geborgenheit werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Schon allein deswegen war, bin und bleibe ich ganz klar ein Papakind. Danke für alles, auch oder gerade weil du es nicht immer leicht mit mir hattest und auf hoffentlich noch viele weitere Erinnerungen, ich vermiss’ dich SEHR, dein Sohnemann und eure ma.de <3

Bleibt bunt, laut und gesund.

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